Volker Grassmuck on Thu, 1 Aug 2002 20:10:20 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Regierungsentwurf zum Urhebergesetz beschlossen


Gestern, am 31.7., hat das Kabinett nun doch noch vor den Neuwahlen 
seinen Entwurf zum Urhebergesetz verabschiedet. Der wird auch noch in 
den Bundesrat gehen, aber eine Beratung im Bundestag vor den Wahlen 
ist �u�erst unwahrscheinlich. 

Die Novellierung soll die EU-Urheberrechtsrichtlinie aus dem 
vergangenen Jahr und die beiden WIPO-Urheberrechtsvertr�ge von 1996 
in nationales Recht umgesetzt werden. Die Umsetzungsfrist f�r die 
Richtlinie l�uft am 22.12. diesen Jahres ab.

Zentrale Punkte sind
- Schaffung eines Rechts der �ffentlichen Zug�nglichmachung, i.e. 
Anbieten von Werken in Online-Diensten
- Umgehungsverbot f�r technische Schutzma�nahmen, i.e. DRM
- Regelung der Schrankenfreiheiten im digitalen Bereich.


Hier zun�chst einige Links dazu, dann eine kurze Zusammenstellung der 

�nderungen gegen�ber dem Referentenentwurf des BMJ aus dem M�rz. 

Der Gesetzentwurf
http://www.bmj.bund.de/images/11476.pdf

Presseerkl�rung der Bundesregierung
http://www.bundesregierung.de/top/dokumente/Artikel/ix_89227.htm

Urheberrechts�nderungen passieren das Bundeskabinett, Heise-News 
31.7.02
http://www.heise.de/newsticker/data/tig-31.07.02-000/

Stefan Krempl, Urheberrechts-Novelle bleibt heftig umstritten, Heise-
News, 1.8.02
http://www.heise.de/newsticker/data/jk-01.08.02-003/


Hier die wichtigsten Unterschiede zwischen Referentenentwurf (RE) und 
Kabinettsentwurf (KE)

� 45a Behindertenschranke
Abs. 2 RE (Vervielf�ltigung ist unzul�ssig, wenn eine 
behindertengerechte Version kommerziell angeboten wird) ist 
gestrichen.

Neu: � 52a �ffentliche Zug�nglichmachung f�r Unterricht und Forschung 

ist besser als in RE. Erm�glicht z.B., Materialien f�r ein Seminar 
passwortgesch�tzt auf einen Server zu legen.

� 53 Privatkopie
"Zul�ssig sind einzelne Vervielf�ltigungen eines Werkes durch eine 
nat�rliche Person zum privaten Gebrauch auf beliebigen Tr�gern, 
sofern sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen."

Auch digitale Privatkopien sind also erlaubt. Nur die Herstellung 
durch Dritte darf digital nur unentgeltlich oder nur in analoger Form 
erfolgen.D.h. der Bibliotheksdienst Subito darf Fotokopien digitaler 
Werke verschicken, nicht aber Dateien.

� 95a Schutz technischer Ma�nahmen
Der pauschale Schutz gegen alle Handlungen, die der Rechteinhaber 
nicht genehmigt hat, ist tats�ch ge�ndert worden:
"Wirksame technische Ma�nahmen zum Schutz eines nach diesem Gesetz 
gesch�tzten Werkes oder eines anderen nach diesem Gesetz gesch�tzten 
Schutzgegenstandes d�rfen ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht 
umgangen werden"

Allerdings bleibt die alte Formulierung in Abs. 2 erhalten: 
"Technologien, ... die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, 
gesch�tzte Werke ... betreffende Handlungen, die vom Rechtsinhaber 
nicht genehmigt sind, zu verhindern."

CSS, das ja kein Kopieren verhindert, w�re nach Abs. 2 wohl immer 
noch gesch�tzt. 

� 95b Durchsetzung von Schrankenbestimmungen
die starken Durchsetzungsmechanismen des RE f�r Schranken zugunsten 
von Bildung und Behinderten werden auf die analoge Privatkopie von 
digitalen Werken ausgeweitet ("soweit es sich um Vervielf�ltigungen 
auf Papier oder einen �hnlichen Tr�ger mittels beliebiger 
photomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit �hnlicher 
Wirkung handelt")

Knackpunkt k�nnte der Abs 3 KE (identisch mit Abs 4 RE) sein:

"Die Abs�tze 1 und 2 gelten nicht, soweit Werke und sonstige 
Schutzgegenst�nde der �ffentlichkeit aufgrund einer vertraglichen 
Vereinbarung in einer Weise zug�nglich gemacht werden, dass sie 
Mitgliedern der �ffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl 
zug�nglich sind."

Das scheint zu hei�en: wenn eine DRM-gekapselte CD auch auf einem 
online-Server angeboten wird, entf�llt das Recht der 
Schrankenbeg�nstigten auf Herausgabe von technischen Mitteln. Was 
aber, wenn ein eBook auf CD ebenso wie online so angeboten wird, dass 
ein Blinder es nicht in ein Text-to-Speech-Programm geben kann? 

"aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung" ist ein Nullformulierung, 
weil alles, was online angeboten wird, mit einem Lizenzvertrag 
versehen ist. 

neu: � 95d Kennzeichnungspflicht 
wo DRM drin ist, mu� auch DRM draufstehen, dazu eine 
zustellungsf�hige Adresse, damit die � 95b-Beg�nstigten ihr Recht 
einfordern k�nnen. Eine Reaktion auf die Klagen gegen nicht 
gekennzeichnet Cactus Data Shield CDs. Und ein Erfolg des 
Verbraucherschutzministeriums. 

� 111a Bu�geldvorschriften
die max Bu�geldh�he bei Nichtherausgabe von Mitteln f�r 
Schrankenfreiheiten ist von 200.000 auf 100.000 EUR gesenkt worden.


Was die digitale Privatkopie betrifft, bleibt also alles beim alten. 
Im � 53 wird sie bekr�ftigt, aber wenn DRM eingesetzt wird, ist sie 
faktisch unm�glich. In der Begr�ndung zum KE hei�t es:

"Vor diesem Hintergrund [fristgerechte Umsetzung der EU-Richtlinie 
und z�gige Ratifizierung der WIPO-Vertr�ge] enth�lt der Entwurf auch 
keine Regelung zur Ausf�llung der Kann-Vorschriften der Richtlinie 
zum elektronischen Pressespiegel und zur Durchsetzung der 
Privatkopieschranke bei der Anwendung technischer Schutzma�nahmen. 
Diese Fragen bed�rfen weiterer Pr�fung und sollen gesondert mit allen 
Betroffenen, den L�ndern, der Rechtswissenschaft sowie der 
Rechtspraxis weiter intensiv und ohne Zeitdruck er�rtert werden.
Sie sollen � ebenso wie die sich aus dem Zweiten Bericht der 
Bundesregierung �ber die Entwicklung der urheberrechtlichen Verg�tung 
gem�� �� 54 ff. Urheberrechtsgesetz (2. Verg�tungsbericht, BT-Drs. 
14/3972) ergebenden Fragen einschlie�lich der Frage einer verst�rkten 
Nutzung von Modellen zur individuellen Lizenzierung von Werken im 
digitalen Bereich � erst danach abschlie�end beantwortet und sodann 
Gegenstand eines weiteren Gesetzentwurfs werden."


Es ist Wahlkampf. Machen wir digitale B�rgerrechte zu einem Thema!


Gru�
Volker

-- 
   act now:    copy = right    http://privatkopie.net
   schon 27.000 Unterschriften !!!


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