Dietmar Kammerer on Sat, 3 Aug 2002 15:00:21 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Rettet die Privatkopie |
Eine k�rzere (und f�r den 31.07. aktualisierte) Version dieses Artikels erscheint heute in der Jungen Welt, ihr kriegt die l�ngere (sch�nere). gruss, Dietmar [dietmar kammerer] [weserstr. 47 ] [10247 berlin ] [030.290 035 36 ] xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx Rettet die Privatkopie Adobe im Wunderland Kinder sollten endlich lernen, von den Lippen ihrer M�tter zu lesen. So oder so �hnlich m�ssen sich das die Rechtsexperten des amerikanischen Softwareherstellers Adobe gedacht haben, als dieser seine Version des Kinderbuches "Alice im Wunderland" zum kostenlosen Download ins Internet stellte. Wer sich die M�he machte, die angeh�ngte Lizenz durchzuackern, durfte dort unter "Erlaubnisse" lesen: "Es ist nicht erlaubt, aus diesem Buch laut vorzulesen." Weiterhin war per Lizenzbestimmung geregelt, dass es nicht erlaubt sei, Ausschnitte aus dem Text in die Zwischenablage zu kopieren, den Text auszuleihen, weiterzugeben oder gar auszudrucken. Was eigentlich nur noch gestattet, den Text alleine am Rechner still und f�r sich durchzulesen. Und am besten noch die T�r abzuschlie�en, damit keine weitere Person unbefugt �ber die Schulter guckt. Keine Chance f�r Papa oder Mama, ihren Spr��lingen die Abenteuer von "Alice" als Gutenachtgeschichte vorzutragen. Eigentlich macht Adobe gar keine B�cher, sondern Software, ziemlich gute sogar. Ihr Bildbearbeitungsprogramm "Photoshop" ist legend�r, und ihr "Acrobat Reader", der das bequeme Lesen von digitalen Dokumenten und Zeitschriften erm�glicht, wird kostenlos verteilt und ist auf den meisten Rechnern zu finden. Als weiteren Gesch�ftszweig haben sie nun auch den E-Book-Commerce entdeckt. Chancen und Risiken der neuen Technik: sind die Texte erst einmal in Nullen und Einsen �bersetzt, k�nnen sie nicht nur bequem vermarktet, sondern ebenso beliebig oft kopiert und, wieder mal �bers Internet, kostenlos weitergegeben werden. Diese viel gef�rchtete "Geschenk�konomie" unter Internetnutzern lie� ja schon die Musikindustrie Sturm laufen und Webseiten wie Napster erfolgreich mit millionenschweren Klagen �berziehen. Um die Interessen der Rechteindustrie zu sch�tzen, entwickeln Softwarefirmen Schutzmechanismen, die ein Kopieren oder Weitergeben verhindern sollen. Was durch Technik allein � noch � nicht geregelt werden kann (laut vorlesen), wird durch Lizenzbestimmungen abgesichert. Der spezielle Witz bei "Alice" liegt nat�rlich darin, dass sein Autor Lawrence Carrol bereits seit �ber hundert Jahren tot und damit das Copyright verfallen ist. Es gibt hunderte von Internetseiten, die "Alice" komplett und ohne jegliche Einschr�nkungen anbieten. Das Ende des Gleichgewichtes? Lawrence Lessig, Professor der Rechte an der Stanford Law School, hat die absurde Geschichte um "Alice" publik gemacht [1]. Inzwischen hat Adobe die Lizenzbestimmungen f�r dieses Werk ge�ndert. Die Version, die Lessig vorliegt, erlaubt es ihm nun gn�dig, alle zehn Tage "zehn Textausschnitte zu kopieren", sowie "zehn Seiten auszudrucken". Lautes Vorlesen ist nun auch ausdr�cklich gestattet. Ein lobenswerter Fortschritt, wie Rechtsexperte Lessig anmerkt. Denn eine einfache L�sung, wie im Cyberspace die Rechte der Nutzer mit denen der Autoren und der Kulturindustrie in Einklang gebracht werden soll, ist noch nicht in Sicht. Klar scheint nur, dass das jahrhunderte alte und gut eingespielte System des Urheberrechts bzw. Copyrights sich nicht ohne weiteres auf die digitalen Kulturkonserven �bertragen l�sst. Lange genug hat es immerhin gedauert, bis in der analogen Welt des Buchdrucks und der Kassettenrekorder ein allgemein anerkannter Ausgleich gefunden werden konnte. Gut zweihundert Jahre war das Copyright nicht mehr als ein obrigkeitsstaatlich verordnetes Privileg f�r die neu entstandenen Druckerpressen. In England etwa verlieh die Krone gegen eine Geb�hr der Druckergilde das Patent f�r das Drucken von B�chern. Ein eintr�gliches Gesch�ft f�r beide Seiten: die Drucker erhielten das verbriefte Recht, "ihre" Werke exklusiv zu verwerten, die Krone erhielt Einnahmen. Nur die Autoren blieben au�en vor. Das Copyright begann als Kopierrecht der Verlage, nicht als Eigentumsrecht der Autoren [2]. Das �nderte sich erst mit dem "Statute of Anne" von 1710: auf einmal entdeckte man als Staatsziel die "Ermunterung zum Lernen", und suchte nach M�glichkeiten, die Autoren und damit den den Austausch von Ideen zu f�rdern. Nun konnten auch Autoren Eigentumsrechte an ihren Werken erwerben, zudem wurde erstmals eine Schutzdauer von 28 Jahren festgelegt, nach deren Ablauf die Werke zur "public domain", zum Allgemeingut wurden. Die Drucker, die ihre Monopolstellung gef�hrdet sahen, wehrten sich vergeblich. In anderen europ�ischen L�ndern entwickelten sich �hnliche Regelungen. 1886 wurde die internationale "Berner �bereinkunft" von zuerst 14 Staaten unterzeichnet, die sich darin verpflichteten, die Urheberrechte ihrer jeweiligen Staatsb�rger gegenseitig anzuerkennen. Seit 1974 k�mmert sich die Genfer "World Intellectual Property Organization" (WIPO) weltweit um den Schutz der Urheberrechte. In Fragen des geistigen Eigentums gilt es also, zwei sch�tzenswerte Interessen: die der Urheber bzw. Rechteinhaber und die der �ffentlichkeit, miteinander ins Gleichgewicht zu bringen. Dahinter steht auch die Einsicht, dass Kultur und die kulturellen G�ter, ob in Wissenschaft, Kunst, Literatur, niemals das Produkt einsamer Genies sind, sondern durch Aneignung, Umformung und Austausch der Ideen aller entstehen. Weder in der Kunst noch in den Wissenschaften k�nnte es irgendeinen Fortschritt geben, w�rde jeder seine Arbeite eifers�chtig f�r sich behalten. Auch f�r geistiges Eigentum gilt: "Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." (Art. 14, Abs. 2 GG) Aufgrund der "Interessen der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu den Kulturg�tern" hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Einschr�nkungen der Urhebereigentumsrechte zul�ssig sind. Diese Schrankenbestimmungen betreffen u.a. die Nutzung von gesch�tzten Werken in der Rechtspflege, f�r Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch oder f�r die Berichterstattung. Erlaubt ist, im "gebotenen Umfang" zu zitieren, sowie die �ffentliche Wiedergabe, die keinem Erwerbszweck dient. Die "Vervielf�ltigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch" ist ebenfalls gestattet, etwa zum wissenschaftlichen Gebrauch, zur Archivierung oder auch wenn es sich um ein seit mindestens zwei Jahren vergriffenes Werk handelt [3]. Ohne diese Schrankenbestimmungen k�nnte aus B�chern nicht kopiert werden, w�re Schulunterricht kaum m�glich, g�be es keine Bibliotheken, keine Informationsfreiheit und wissenschaftliches Arbeiten w�re nur �u�erst eingeschr�nkt erlaubt. Zum Zwecke der Archivierung sind private Vervielf�ltigungen demnach erlaubt, und so kann sich jeder die Kopie eines Albums auf Kassette ziehen f�rs Autoradio. Aus die Maus? In den USA wie in Europa verschiebt sich die Balance zwischen Urhebern und Nutzern eines Werkes jedoch zunehmend zugunsten eines Dritten: der Rechteverwertungsindustrie, also Schallplattenlabel, Verlage, Filmstudios. Schlie�lich sind in der postindustriellen Gesellschaft urheberrechtlich gesch�tzte Werke nicht nur ein Kulturgut, sondern auch kulturelles Kapital � und in den USA der gr��te Exportschlager �berhaupt. Besonders deutlich ablesen l�sst sich das an der schrittweisen Verl�ngerung der Schutzfristen. Betrug diese zu Beginn noch maximal 28 Jahre, so gilt heute, dass copyrightgesch�tzte Werke in den USA, die als Lohnarbeit durch "corporate authors" entstanden sind, bis 95 Jahre nach Ver�ffentlichung gesch�tzt sind, "individuell" entstandene Werke d�rfen bis 70 Jahre nach Tod ihres Urhebers nicht angefasst werden. Die letzte Fristverl�ngerung wurde erst 1998 durchgef�hrt; ma�gebliche Kraft dahinter war niemand geringeres als der weltg��te Entertainer Disney, der bef�rchten musste, dass die Urheberrechte an Micky Maus 2004 an die Allgemeinheit fallen w�rden (jetzt: 2024). Wie m�chtig der Einfluss der Unterhaltungsindustrie wirklich ist, muss sich aber noch herausstellen. Im Februar diesen Jahres hat das amerikanische Verfassungsgericht �berraschend eine Klage gegen den "Copyright Term Extension Act" von 1998 zugelassen, �ber die im Herbst entschieden wird [4]. Die Kl�ger unter Federf�hrung von Stanford-Jurist Lessig machen geltend, dass der verfassungsm��ige Auftrag zur "F�rderung der Wissenschaften und n�tzlichen K�nste" solch exzessive Verl�ngerung der Copyrightfristen effektiv unterbindet. Auch in Europa wurden die Schutzfristen regelm��ig verl�ngert, in Deutschland erlischt das Recht eines Autors an seinem Werk erst 70 Jahre nach seinem Tod. F�r die angemessenen Verg�tung der Kreativen hat sich ein System der Pauschalabgaben etabliert: Privatkopien sind erlaubt, aber nicht kostenfrei (�54ff UrhG). So muss in Deutschland etwa f�r jeden Videorekorder eine Abgabe von Euro 9,21, f�r jeden Kassettenrekorder von Euro 1,28 pro Ger�t gezahlt werden, auch auf Leermedien wie Kassetten oder VHS-B�ndern liegen solche Geb�hren. F�r die Erhebung und Verteilung der Gelder sind die Verwertungsgesellschaften zust�ndig, wie etwa die VG WORT f�r Autoren und Verlage, die GEMA f�r Musikurheber und die VG Bild-Kunst f�r Bildrechtsinhaber und Filmurheber. Was sich in der Welt analoger Medien bew�hrt hat, scheint sich im Zeitalter von Breitbandmodems und CD-Brennern in jedem Aldi-PC endg�ltig zu verabschieden. Kein Problem, f�r Freunde massenhaft Kopien eigener CDs anzufertigen, oder sich im Internet die neuesten Alben herunterzuladen. Der Branchenverband der deutschen Musikindustrie (IFPI) meldet f�r 2001 einen Umsatzr�ckgang um zehn Prozent. Der Absatz der Tontr�ger sei von 266 Mio. auf Mio. zur�ckgegangen, erstmals seien mehr CD-Rohlinge mit Musik bespielt, als CD-Alben verkauft worden [5]. Als Folge sieht die Branche ihre Investitionskraft und die "kulturelle Vielfalt des deutschen Musikmarkts" bedroht. Auch der Kopierschutz, den die Tontr�gerhersteller seit einiger Zeit einsetzten, scheint nicht zu helfen, vor allem nicht, wenn jede stinknormale Computerzeitschrift Anleitungen zur Umgehung des Kopierschutzes abdruckt. Ein Unrechtsbewu�tsein scheint es nicht zu geben, Initiativen wie "Copy Kills Music", die durch Anzeigen und Aufkl�rungskampagnen der Kopiererei Einhalt gebieten wollen, bleiben fruchtlos. Wobei die Musikindustrie sich obendrein ein Eigentor geleistet hat: vielfach werden die modifizierten Audio-CDs, die auf PCs nicht mehr abspielbar sind, auch von normalen CD-Spielern nicht mehr erkannt. Massenweise bringen ver�rgerte Kunden die CDs in den Handel zum Umtausch zur�ck, manche H�ndler weigern sich gar, kopiergesch�tzte CDs ins Sortiment aufzunehmen. Aber nicht nur Kopien regul�r gekaufter Alben, auch Downloads �ber Peer-to-Peer-Netze sollen f�r die Umsatzeinbu�en verantwortlich sein. Die ber�hmteste Netztauschb�rse, Napster, ist vor Gericht der Musikindustrie unterlegen � und wurde daraufhin von Bertelsmann aufgekauft. Denn trotz allem Gerede von anarchischem Wildwuchs und postmodernem Piratentum hat auch die Unterhaltungsindustrie entdeckt: eigentlich k�nnte sich im Internet ja Geld verdienen lassen, viel bequemer sogar als im bisherigen System. Wenn die "Contentanbieter" ihre Produkte zum Herunterladen anbieten, haben sie nicht nur das beste aller denkbaren Verteilernetze und die Zwischenh�ndler ausgeschaltet, sie haben vor allem den direkten Zugriff auf den Kunden, f�r den sie je nach pers�nlichen Vorlieben und Kreditw�rdigkeit das volle Programm anbieten k�nnen: Filme, Spiele, Musik, Bilder, Texte, jederzeit, an jedem Ort. Der Nachteil: wie kann man eine "Napsterisierung" der Inhalte verhindern, die Gewinne am Laufen halten? Abhilfe schaffen sollen die so genannten "Digital Rights Management" Systeme (DRM). Experten und Industriekonsortien entwickeln bereits seit Jahren umfassende Rechtekontrollsysteme, die es erlauben, punktgenau jeden Zugriff auf gesch�tzten Inhalt sowohl zu steuern als auch abzurechnen. "Trusted Systems" nennt sie ihr Vordenker, Mark Stefik, Angestellter ausgerechnet beim weltgr��ten Hersteller von Kopierger�ten XEROX. Dieser Euphemismus verdeckt nur schwach, dass es eigentlich um ein tiefsitzendes Mi�trauen gegen den Kunden geht. DRM bedeutet das l�ckenlose Ineinandergreifen verschiedener Hardware- und Softwarekomponenten. Jedes digitalisierte und urheberrechtsgesch�tzte Werk tr�gt dann seine eigene "Erlaubnispolitik" in verschl�sselter Form mit sich herum, und jeder PC oder Brenner w�re so konstruiert, dass er nur solche Zugriffe auf die Daten zul�sst, die mit dessen Lizenzpolitik vereinbar sind. Individuelle Vereinbarungen zwischen Unterhaltungsindustrie und ihren Kunden w�ren dann denkbar: der Kunde kauft z.B. das Recht, einen bestimmten Film genau einmal anzuschauen, danach wird er unbrauchbar. Oder er erwirbt das Recht, ihn f�r eine bestimmte Zeit beliebig oft anzusehen. Will er ihn an Freunde weitergeben, dann nimmt das Kopierger�t automatisch Kontakt auf mit dem Rechteinhaber, der dann gegen eine Geb�hr die Erlaubnis erteilen kann � oder auch nicht. Ein individuelles Abrechnungssystem soll so die pauschale Verg�tung ersetzen. Bef�rworter argumentieren, dass es f�r den Kunden billiger wird: der k�nnte dann ein Album f�r eine geringe Geb�hr zur Probe h�ren, und sich dann erst f�r einen Kauf entscheiden. Volle Verf�gungsfreiheit der Rechteinhaber �ber die Inhalte, individuelle Lizenzierungs- und Abrechnungsm�glichkeiten, st�ndige Kundenbindung � Rechtekontrollsysteme versprechen der Unterhaltungsindustrie bisher ungeahnte Verwertungs- und Vertriebsm�glichkeiten. Einer der Eckpfeiler des Systems besteht darin, totalen Zugriff auf Kundenw�nsche zu haben � das Wissen dar�ber, was jemand wann, wo, unter welchen Umst�nden liest, h�rt, oder ansieht. Was Datensch�tzern die Angstperlen auf die Stirn treibt, dank DRM w�rde es endlich Wirklichkeit werden: die Ankunft des idealen "gl�sernen Kunden", �ber dessen Vorlieben, Gewohnheiten, Kaufkraft die Unterhaltungsindustrie bestens Bescheid wei�. Ganz offen spricht etwa die Werbebrosch�re der DRM-Firma SealedMedia nicht nur von "neuen Einkommensst�men" sondern auch "totaler Kontrolle" dank DRM. Auch dass DRM-Systeme die M�glichkeit bieten, Konsumentenrechte jederzeit nach Bedarf zu �ndern oder wieder zu entziehen, geh�rt zu den offen ausgesprochenen Werbebotschaften der Kontrollindustrie [6]. Noch z�gert die Industrie damit, mit DRM gesch�tzten Content masssenhaft ins Netz zu stellen. Ein Hauptgrund liegt im PC selbst: da dieser ausgelegt ist als eine universale Maschine zur Datenverarbeitung, kann er auch alle Daten beliebig verarbeiten � und ein Crack findet sich prinzipiell immer. Das hat zuletzte die Secure Digital Music Initiative (SDMI) erfahren, die einen Wettbewerb ausrief, ihr System zu knacken. Edward Felten von der Universit�t Princeton hat es geschafft und die Ergebnisse in einem Vortrag vorgestellt � die Recording Industry Association of America drohte daraufhin mit einer Klage. H�rter gingen die Gerichte gegen Dimitri Sklyanov vor: der entwickelt f�r eine russische Firma Programme, die es erlauben, Adobes E-Book Format auch auf anderen Ger�ten als Adobes E-Book-Reader zu lesen. Auf einer Vortragsreise in die USA wurde er wegen Versto�es gegen den "Digital Millenium Copyright Act" (DMCA) verhaftet, der das Umgehen von Schutzmechanismen unter Strafe stellt. Warum nur einfach sichern, wenns doppelt besser h�lt: die techischen Schutzmechanismen sch�tzen die Inhalte, die Gesetze sch�tzen die Schutzmechanismen. Eine entsprechende Richlinie "zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts" ist vergangenes Jahr auch von Parlament und Rat der EU verabschiedet worden und muss in Deutschland bis Ende diesen Jahres in Gesetzesform gegossen werden. Das Bundesjustizministerium hat im M�rz einen Referentenentwurf vorgestellt, der sich f�r ein schwammiges Sowohl-als-Auch ausspricht: ja zur Privatkopie und ja zu Anti-Privatkopie-Schutzmassnahmen. Einerseits wird das Recht auf "einzelne Vervielf�ltigungen eines Werkes zum privaten Gebrauch" auf "beliebige Tr�ger" ausgedehnt, also auf analoge wie auf digitale Medien. Andererseits wird verf�gt, dass technische Ma�nahmen, die "im normalen Betrieb dazu bestimmt sind", Werke oder andere Schutzgegenst�nde vor nicht von den Urhebern genehmigten Handlungen zu sch�tzen, "ohne Zustimmung des Rechtsinhabers nicht umgangen werden" d�rfen. Kritiker monieren: sollte der Ministeriums-Entwurf in dieser Form als Gesetz verabschiedet werden, w�re die Privatkopie zwar erlaubt, aber nicht l�nger m�glich. Die Initiative "Rettet die Privatkopie" fordert deshalb eine �nderung des Entwurfes im Sinne eines Urheberrechts, "das die Teilhabe aller am kulturellen Leben ... garantiert" [7]. Hinter der Auseinandersetzung um die "Privatkopie" steht mehr als nur ein spezialisierter Rechtsstreit um Fragen des Eigentums. Neben Datenschutzbedenken und der Orwell-Vision des "gl�sernen Kunden" geht es im Dauerstreit um die Kommerzialisierung von Kultur auch um das Selbstverst�ndnis der Nutzer geistgen Eigentums: f�r die Kulturindustrie sind sie "Konsumenten", die f�r eine Ware einen angemessenen Preis zahlen m�ssen. Falsch, denn sie "verbrauchen" die Produkte ja nicht, argumentieren die Gegner. Sie sehen sich vielmehr selbst als Produzenten, schlie�lich kann jeder an seinem PC kreativ t�tig werden, und Filme, Bilder, Kunstwerke produzieren. Wenn private Vertr�ge zusehends �ffentliches Recht ersetzen, wie wird sich der freie Austausch von Ideen in der "public domain" entwickeln? Noch scheint sich keine Alternative jenseits von "totaler Anarchie" und "totaler Kontrolle" abzuzeichnen. Vielleicht sollten beide Seiten weniger der Technik, sondern sich mehr gegenseitig vertrauen. Dietmar Kammerer Quellen: [1] Lawrence Lessig, Adobe in Wonderland: http://cyberlaw.stanford.edu/lessig/content/standard/0,1902,22914,00.html [2] Volker Grassmuck, Freie Software zwischen Privat- und Gemeineigentum: http://freie-software.bpb.de/ [3] Urheberrechtsgesetz: http://www.uni-muenster.de/Jura.itm/hoeren/materialien/urheberrechtsgesetz.h tml [4] Peter M�hlbauer, Aus f�r Micky Maus?: www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/11887/1.html [5] http://www.ifpi.de [6] Peter M�hlbauer: Content is King! oder die Diktatur des Kleingedruckten, unter: http://www.heise.de/tp/deutsch/special/copy/11844/1.html [7] http://privatkopie.net ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/