Krystian Woznicki on Mon, 4 Nov 2002 23:25:06 +0100 (CET) |
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[rohrpost] "B-52"/Starttermine/Korrektur |
Hi, weil einige fragten, der Film startet nicht in allen deutschen Staedten gleichzeitig. In Hamburg laeuft er zum Beispiel bereits, in Frankfurt laeuft er Mitte diesen Monats an. Details kann man ueber den Verleiher Basis Film, Berlin, herausfinden. Nachfolgend auch noch eine Fassung des Bitomsky-Interviews ohne den daemlichen Copy-Paste-Fehler aus der letzten Mail. Gruss, Krystian - [email protected] www.berlinergazette.de "Destruktion als Ziel der Produktion" Ein Interview mit Hartmut Bitomsky �ber seinen neuen Film "B-52" Krystian Woznicki, Telepolis, 03.11.2002 Nach dem zweiten Weltkrieg hat die USA die B-52 entwickelt, ein von D�senmotoren betriebenes Langstreckenflugzeug, das bis heute ein m�chtiger Milit�rapparat geblieben ist um den sich viele Mythen ranken. Das die Mythenproduktion noch immer in vollem Gange begriffen ist, r�hrt daher, dass das Symbol globaler Hegemonie zwar als Waffe f�r den Kalten Krieg entwickelt wurde, jedoch noch immer im Gebrauch ist und es dank technologischer Potenz auch noch lange Zeit bleiben wird. Hartmut Bitomsky hat sich in seinem 109-min�tigen Dokumentarfilm mit der Geschichte und insbesondere den symbolischen Dimensionen dieser Milit�rmaschine auseinandergesetzt und einen bildgewaltigen Doku-Epos geschaffen, der aus Archivmaterial, zahlreichen Interviews mit ehemaligen Piloten, Luftwaffen-Funktion�ren und Kriegsopfern, sowie Aufnahmen an Milit�rst�tzpunkten zusammengesetzt ist. Damit kn�pft der mittlerweile als Cal-Arts-Professor in Kalifornien lebende Filmemacher an sein Interesse an nationale Technikmythen - "Reichsautobahn" (1986) und "VW-Komplex"(1989) - zu erforschen. In diesem Gespr�ch spricht er �ber den Prozess der Recherche, die Dreharbeiten, sowie die US-Rezeption von "B-52". KW: Was war der Ausgangspunkt f�r "B-52"? Hartmut Bitomsky: Die Idee zum Film verdankt sich der Vorf�hrung eines Films von mir in Chicago 1995. Ben Nicholson kam hinterher auf mich zu und erz�hlte von den Flugzeugschrottpl�tzen um die Mathis Davis Airforce Base in Tucson. Eine Woche darauf bin ich nach Arizona geflogen, mit einer High8 Video Kamera in der Hand. Was ich dort vorfand, hatte den Charakter eines handfesten Beweises: der Beweis war evident, nur was er beweisen wollte, war doch durchaus noch undeutlich. Eine Idee f�r einen Film braucht diese Art misslicher Verstimmung: da liegt etwas vor, man schaut es sich an und ist beeindruckt, aber einen Reim kann man sich darauf nicht machen. Und dann braucht eine Idee, f�r einen Dokumentarfilm zumal, eine starke und vielf�ltige Realit�t, an der sie hochwachsen kann. Genau dies offenbarte sich in den zerschundenen Wrackteilen der B-52, ein reichhaltiger, umfassender Ausschnitt der Realit�t. Zu dieser Zeit lebte und arbeitete ich schon seit einigen Jahren in den USA, und wie es nicht anders sein kann, in Anspannung und Unruhe und in einer gewissen Bedr�ckung. Genau dorthinein stie� die B-52 als ein Projekt. Es gab mir die notwendige Gelegenheit, den Ort zu definieren, an dem ich lebe, und die Zeit zu definieren, in der ich lebe. KW: Wie ist aus dieser Idee ein Drehbuch geworden? Hartmut Bitomsky: Aus einer Idee f�r einen Dokumentarfilm wird nie ein Drehbuch: das geh�rt zur Definition, und das ist es auch, was mich am Dokumentarfilm interessiert: einer starken Realit�t konfrontiert zu sein und ihr mit der k�nstlerischen Intelligenz des Filmemachens begegnen, und zwar ohne jene systematischen Absicherungsmechanismen, die das Machen von Spielfilmen definieren. Das ist das Vitale am Dokumentarfilm, es geht an die Wurzel des Filmemachens. "Die Sch�nheit des Kinos beginnt da, wo das Schauspielen aufh�rt," hat Godard einmal gesagt, und dies ist der springende Punkt f�r mich. Die filmemacherische Intelligenz muss sich jedoch fundieren, sonst verdummt sie. Wer die Fakten der B-52 nicht auf den Begriff zu bringen versucht, kann keinen Film dar�ber machen wer einen Film �ber die B-52 machen will, aber nichts vom Filmemachen versteht, wird die Fakten nicht auf den Begriff bringen k�nnen. Man mu� also ziemlich viel �ber den Gegenstand in Erfahrung bringen und eine Menge Wissen akkumulieren. Mit jedem Film kann man zu einem Experten einer neuen Sache werden. Dabei sind heute nat�rlich die Search Engines im Internet eine unglaubliche Hilfe auch wenn sie einem noch sehr oft obskure Dinge vorlegen. Man st��t meistens nicht auf die Sache, sondern nur auf das Versprechen, dass sie irgend woanders wirklich existiert. �hnlich wie ein Eintrag im Telefonbuch nicht den Anruf ersetzt. Aber dazu gibt es vor allem noch das wahre Internet der Menschen: wenn ich einem Film zuarbeite, erz�hle ich jedem, der es h�ren will oder nicht, von meinem Projekt. Das Resultat ist erstaunlich von �berall her werden einem Daten und Fakten zugespielt, als ob man eine Quelle anzapfte, die nur darauf gewartet hat, sprudeln zu k�nnen. Man befindet sich pl�tzlich mitten in einer Diskussion, die bereits unterwegs ist, in die man seinen eigenen Beitrag einspeisen kann . KW: F�r gew�hnlich werden alle Filmprojekte, die US-amerikanische Milit�rhardware verwenden oder auf milit�rischem Gel�nde gedreht werden, von Phil Strub (Special Assistant for Entertainment Media at the US Department of Defence) gepr�ft und abgesegnet. Mussten auch Sie sich mit ihm bzw. mit vergleichbaren Stellen auseinandersetzen? Hartmut Bitomsky: Phil Strub? Vielleicht weil von Anfang an klar war, dass es sich nicht um Entertainment handelt, war der Mann nicht von der Partie. Nat�rlich brauchten wir f�r jeden Drehort die Genehmigung des Pentagon. Anfangs war das kein Problem nachdem es glaubhaft war, dass es sich nicht um das Projekt eines Flugzeugbuffs handelt, der sich eine Drehgenehmigung erschleichen will, um einmal nah ans Objekt seiner dilettierenden Leidenschaft zu gelangen. Mit anderen Worten, wir mussten nachweisen, dass der Film ein vertrautes wirtschaftliches Format hat und �ber eine verl�ssliche thematische Grundlage verf�gt. Das war noch zur Zeit der Clinton Administration. Das US Milit�r stand noch unter dem Schock des Ende vom Kalten Krieg und suchte krampfhaft nach einem neuen raison d'etre. Also geb�rdete die Airforce sich PR-freundlich. Aber inzwischen war dank u.a. Josef Fischer der Kosovo Krieg im Gange, und die B-52s hatten ein paar Bombardierungseins�tze geflogen. An dem Tag, an dem wir zu den Dreharbeiten aufbrachen, gab das Pentagon rotes Licht, und alle Drehgenehmigungen f�r die verschiedenen Airforce Bases wurden uns entzogen. Die Begr�ndung war, dass der Kosovo Krieg die Airforce zu sehr besch�ftige. Wir hatten Autos gemietet, Ger�te gemietet, Mitarbeiter unter Vertrag, die Dollars rollten �bers Konto wie beim Taxameter. Der Grund f�r den Stop war meines Erachtens, dass das Milit�r nicht als so m��ig erscheinen sollte, als dass es sich f�r Filmaufnahmen zur Verf�gung stellen konnte. Im Krieg kriegt alles die Maske des bitteren Ernstes �bergezogen. Ich stellte mich darauf ein, den Film ohne seinen Gegenstand im Zentrum zu drehen, und ich bereitete mich auf viele Interviews vor, was ja bei einem 35mm Film eher ein Unding ist. Die Filmrollen sind h�chstens 10 Minuten lang, nicht viel Zeit, um ein Gespr�ch ohne Unterbrechung aufzuzeichnen. Wir fingen zu drehen an, aber ich hatte das Gef�hl, um die Sache herumzudrehen. Die Kamera kriegte die B-52 nicht zu Gesicht. Halbwegs in der Mitte der Dreharbeiten aber schaltete das Pentagon auf Gr�n. Der Kosovo Krieg stand kurz vor dem Ende, die Airforce konnte nicht mehr als m��ig erscheinen. KW: Im Film hei�t es immer wieder, die B-52 sei eine Metapher, eine Parabel, ein Palimpsest. An der Oberfl�che der Milit�rmaschine werden zahlreiche Bedeutungsebenen abgelesen: Hatten Sie den Eindruck, dass sich ihre Interview-Partner (abgesehen von den K�nstlern) dessen bewusst sind? Hartmut Bitomsky: Die B-52 war von Anfang an f�r die USA eine gro� angelegte politische, soziale und �konomische Unternehmung. Der Bau der gesamten Flotte von mehr als 750 Bombern hat auf zehn Jahre die gesamte Kapazit�t der Aluminiumverarbeitung der USA ausgesch�pft. Der Kalte Krieg fand in den Produktionsst�tten statt, in der Form einer unermesslichen Prosperit�t. Aber das ging nat�rlich nicht einfach so, gewisserma�en auf Knopfdruck. Es musste begr�ndet, abgeleitet, erkl�rt und dann durchgesetzt werden, und deshalb hat sich um das Flugzeug eine eigene Mythologie gebildet: eine Oberfl�che, auf der alle m�glichen mythologischen Schnittstellen situiert sind. Jeder, der �ber die B-52 spricht, arbeitet an der Mythologie mit. Er w�hlt eine Weise, �ber die B-52 zu sprechen, und aktiviert die dazugeh�rigen Bedeutungsm�glichkeiten, die anderen Bedeutungen widersprechen m�gen, aber sie nicht ausschlie�en. Das haben, glaube ich, alle verstanden, mit denen wir gesprochen haben. Sie wu�ten immer �ber die Widerspr�che, aber sie wu�ten auch, dass das Objekt letztendlich von einer gr��eren Kapazit�t ist, als sich definieren l��t. F�nfzig Jahre einer Volkswirtschaft, die auf den Kalten Krieg basiert, lassen sich nicht einfach begr�nden, aber auch nicht wegargumentieren. Das ist ein bi�chen wie bei meinen Filmen �ber die Autobahn und den Volkswagen. Wie immer man dar�ber denken und reden mag: irgendwann hat jeder einen Volkswagen gefahren und irgendwann die Autobahn benutzt. Man mag das verdammen oder preisen beides greift immer zu kurz. Die Praxis ist m�chtiger. KW: Wie gehen Sie bei Ihren Interviews konkret vor? Hartmut Bitomsky: Wenn ich Interviews f�hre, stelle ich mir das so vor: Ich gebe jemandem die Gelegenheit, 3 Minuten oder 10 Minuten zu sprechen, und ich gebe einem Publikum die Gelegenheit, jemandem 3 oder 10 Minuten zuzuh�ren und dabei dieser Person zuzuschauen. Ich nehme auf keine Sensibilit�ten R�cksicht, insbesondere nicht auf meine. Die Kontroverse soll nicht vor der Kamera stattfinden, sondern im Kino. Ich stelle Fragen, sie geben mir Antworten. Ich verantworte die Fragen, sie verantworten, was sie erwidern. Dazwischen ist kaum Platz f�r Tricks oder schlaue Man�ver. Das f�llt manchmal schwer. Aber beim Dokumentarfilm spielt der Autor eine recht subtile Rolle. Man darf dem Gegenstand und der Kamera nicht zu sehr dazwischenkommen. Sp�ter beim Schneiden habe ich die Wahl, ein Interview in den Film zu integrieren oder nicht. Aber im Augenblick der Aufnahme muss ich die alle ideologischen Sentimentalit�ten hinnehmen, denn auch sie sind Fakten. KW: Neben den zahlreichen sehr interessanten Details des Films, bleibt jenes Archivmaterial im Ged�chtnis h�ngen, das den von SAC nicht fertiggestellten Propaganda-Film "The Power of Decision" (1955) dokumentiert. Wie sind Sie darauf gesto�en? Hartmut Bitomsky: Ich bin im National Archive darauf gesto�en. "Power of Decision" ist eine endlos lange Reihe von ungeschnittenen Aufnahmen, ungeschnitten bis auf den nuklearen Schlagabtausch zwischen den USA und der UdSSR das Material muss einen Cutter gereizt haben, weil es Action ist, und so hat er sich drangesetzt, den finalen Schlagabtausch zwischen der Sowjetunion und Amerika zu schneiden, wie er in Wirklichkeit nicht geschehen ist. Das ganze ist offensichtlich eine Hollywood Produktion, besetzt mit Schauspielern, in Auftrag gegeben und finanziert vom Strategic Air Command. SAC hatte damals viel Geld, sogar soviel Geld, einen Film zu produzieren und niemals zu beenden. Interessant daran ist , dass man es als notwendig befunden hatte, einen Film drehen zu m�ssen, um sich zu erkl�ren. Da ist ein Zwang vorgelegen, aber er war dann wiederum doch nicht so stark, dass der Film herausgebracht werden musste. Dieser Film steht nicht allein, wir haben im National Archive mindestens mehr als zehn von dieser Art Filme gefunden alles 35mm Produktionen, die niemals geschnitten oder beendet wurden, von der Airforce produziert und finanziert und dann schlichtweg versteckt: aber dann in den Weg von Filmemachern wie mich gelegt, damit sie den ungesponnen Faden wieder aufnehmen und in einen neuen Kontext integrieren. KW: Der B-52-Film wurde auf der Berlinale 2001 pr�miert und lief dann zuerst in den USA an. Die US-Rezeption wurde stark von den Ereignissen am 11.09. gef�rbt. Die Village Voice merkte kritisch an, "ordinary personnel can no longer be entirely dismissed as pawns in a capitalist campaign. [...] it's difficult to arouse amused disapproval for the mechanics of traditional warfare after quotidian objects like passenger jets have left us with much more devastating per-episode body counts." ("Time Bomb" by Michael Atkinson, Village Voice, December 5 - 11, 2001) Hartmut Bitomsky: Ja, die Besprechung im Village Voice war erstaunlich. Atkinson hat sogar geschrieben, dass es ein schlecht gemachter Film sei. Es muss ihn am Punkt erwischt haben, wo die Wut sitzt, dass der 9-11 ihn zum 100%igen, allesbejahenden Rechtsamerikaner gemacht hat. Es hat aus New York ein paar solcher Kritiken gegeben. Sie haben sich mit dem World Trade Center als Symbol des essentiell Amerikanischen absolut identifiziert und keine Unterscheidungen mehr treffen wollen. Es hat mich sehr an die Intellektuellen erinnert, die in der Nazizeit Deutschland nicht verlassen wollten oder konnten und pl�tzlich in einen extremen Zwang zur Rechtfertigung verfallen mussten. Aber es gibt ja nicht nur ein Amerika. Viele haben doch einen klaren Blick auf den Film werfen k�nnen. Sie haben entdeckt, dass in Fakten Poesie wohnen kann und dass Dinge Ideen und Erkenntnisse beherbergen, die sich nicht so schnell auf einen gemeinsamen Nenner bringen lassen. Nach einer Vorf�hrung kam ein verbl�ffter Student auf mich zu, der nicht fassen konnte, dass es mit einem solchen Sujet einen richtigen Film geben k�nnte, der nicht ein Spielfilm aus Hollywood w�re. Ich wollte einen Film �ber einen Gegenstand machen, der einen Raum mit dreihundert, vierhundert Menschen f�r zwei Stunden erf�llt mit einer vielschichtigen, angespannten, visuell komplexen Kommunikation. Zwei Stunden konzentrierter, ges�ttigter Aufmerksamkeit. In Calarts und an vielen anderen Orten ist das geschehen. Es passiert eher nicht, wenn man den Film als VHS Video auf dem Fernsehschirm durchzieht, was Filmkritiker heute machen, um ihre Arbeit hinter sich zu bringen. Nat�rlich sind die Menschen nicht blo� Spielmarken im kapitalistischen Man�ver. Wenn man das Gegenteil glaubt, sollte man gleich ganz aufgeben. Aber man darf schon auch noch feststellen, dass der Kapitalismus solche degradierenden Man�ver in Gang setzt. In den Wochen nach dem 11. September wurde jeder Tote im World Trade Center, jede Witwe ohne Lebensversicherung, jeder Feuerwehrmann, der in den Tr�mmern w�hlte, medial funktionalisiert, um einen neuen Krieg zu rechtfertigen. und man muss erw�hnen, dass Passagierflugzeuge offensichtlich keine unschuldigen allt�glichen Vehikel sind, wenn man wei�, dass die B-52 (und, parallel, die B-47) der Prototyp der Entwicklung jeglicher modernen D�senmaschinen der zivilen Luftfahrt gewesen sind. Sie sind ein Spin-off der modernen Milit�rtechnologie, die wir unbedenklich benutzen, um von M�nchen nach Florida in den Urlaub zu fliegen. Am 11. September wurde die Umkehrung wieder sichtbar gemacht, die schon im Volkswagenwitz aus der Nazizeit begriffen worden war, wenn gesagt wurde, das aus jedem VW, wenn man ihn nur richtig zusammenbaut, ein Panzer wird. Vielleicht klingt es jetzt noch etwas zu zynisch, wenn man sagt, dass der 11. September, auf den Atkinson anspielt, m�glicherweise nur der Auftakt eines terror-touristischen Angriffs auf die USA gewesen ist, der im Moment noch von einem milit�rischen zu unterscheiden ist, wenn auch nicht in seinem zerst�rerischen Potential. KW: Sie haben mal gesagt "ein Dokumentarfilm sollte nicht die Realit�t enth�llen, er muss sie artikulieren und gliedern." Es komme darauf an, die Realit�t einer immer komplexer werdenden Welt visuell noch einmal entstehen zu lassen und damit grunds�tzliche Konstruktionsprinzipien von "Wirklichkeit" sichtbar zu machen. Nun haben wir es mit zwei Zeitachsen zu tun, entlang derer die Realit�t sich entfaltet. Einerseits jene 80 Jahre, die die Lebensdauer des Bombers beschreiben, andererseits die zwei Jahre, in denen der Film seine Wirkung zu entfalten beginnt. Wie w�rden Sie die Kommentarm�glichkeit des Films angesichts solcher Verschiebungen und �berschneidungen beschreiben? W�hrend der Film in Deutschland anl�uft, steht der dritte Golfkrieg vor der T�r. Hartmut Bitomsky: W�hrend der Film in Deutschland anl�uft, steht der 3. Golfkrieg vor der T�r... Oder wenn nicht gerade der dritte Golfkrieg, dann ein Krieg andernorts. Die USA sind ein bellezistischer Staat. Seit mehr als 100 Jahren sind die USA mindestens alle 3 bis 5 Jahre in einen milit�rischen Konflikt involviert, und das hei�t, Kriegsf�hrung ist ein immanenter Bestandteil des amerikanischen Systems, mit der Besonderheit, dass die Kriegsf�hrung immer exterritorial lokalisiert gewesen ist territorial werden die Kriege in Amerika nur im Kino, und jetzt in den Medien, gef�hrt. Als wir den Film drehten, habe ich noch an die Idee des START-Abkommens geglaubt, Strategic Arms Reduction Treaty - das Abkommen zur Verringerung der strategischen Waffen, sprich: Nuklearwaffen, das Reagan mit der Sowjetunion geschlossen hatte, um das atomare Wettr�sten zu stoppen und eine nukleare Abr�stung in Gang zu setzen. Deshalb ist auch Film die Szene der Zerst�rung der B-52 so extensiv geworden. Ich hatte mich gefragt, was sollen wir mit dem Schrott des Kalten Kriegs anfangen, wie l��t es sich drehen und wenden, damit daraus etwas anderes entstehen kann als neue Waffen. Hoffnung macht einen stets naiv. Denn diese Frage stand gar nicht auf der Tagesordnung. Das START-Abkommen war in Kraft, die Vernichtung aller strategischer Waffen, d.h. der nuklearen Systeme, schien auf der Tagesordnung zu stehen. Aber ein ehemaliger B-52 Pilot erz�hlte mir sp�ter, er sei in den 80er Jahren, als Reagan das Abkommen mit der Sowjetunion abschlo�, entt�uscht aus der Airforce ausgeschieden, weil zur gleichen Zeit die Best�ckung der B-52 mit Nuklearwaffen wieder verst�rkt aufgenommen wurde und alles wieder verst�rkt von vorn anzufangen schien. Im Zentrum der Arbeit steht heute Waffenproduktion, eine Perversion in sich selbst. Destruktion als Ziel der Produktion. Das sehe ich auch als den Mittelpunkt des Films. Das ist die Auseinandersetzung. Der Dokumentarfilm, wie ich es sehe, ist der �sthetische Widerstand, den ein Filmemacher der Realit�t entgegensetzt. Marx hat gesagt: Wenn der historische Augenblick verpasst wird, f�ngt die ganze Schei�e wieder von vorne an. Ich sehe das nicht so, und dies ist meine Kritik. Wenn der Augenblick verpasst ist, geht es wirklich nach unten in einem gnadenlosen Strudel. Aber was hei�t Augenblick? Ein Moment unterscheidet sich kaum vom andern, und keiner kann sagen, welches der Zeitpunkt ist. Links Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/kino/13499/1.html ---------------------------------------------------------------------- Copyright � 1996-2002 All Rights Reserved. Alle Rechte vorbehalten Verlag Heinz Heise, Hannover ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/