Krystian Woznicki on Sun, 6 Apr 2003 19:37:41 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Re: SMS-Encounters


Staatsanwaltschaft kritisiert "Spitzel-SMS" der Polizei

heise online, 06.04.2003

  Strafverfolger schicken Verd�chtigen verst�rkt geheime Kurzmitteilungen
aufs Handy, um ihren Aufenthaltsort herauszufinden und Bewegungsprofile zu
erstellen. Sie umgehen mit der Masche Auflagen der Strafprozessordnung
(StPO), die eine Peilung nur zum Aufsp�ren von Schwerverbrechern vorsieht.
Dies berichtet der Spiegel[1] in seiner aktuellen Ausgabe. Demnach werden
durch den kreativen Einsatz der jungen Fahndungstechnik die Regelungen zur
Telekommunikations�berwachung weiter aufgeweicht. Wachsame Richter w�rden
bereits beklagen, dass der Einsatz der "Spitzel-SMS" zum Lieblingsspielzug
von Dorfpolizisten avanciert sei. Sogar Staatsanw�lte h�tten Bedenken gegen
die Schn�ffelei rund ums Handy. Datensch�tzer zeigen sich alarmiert.

  Standortkennungen abfragen und heimlich Bewegungsprofile von
Mobiltelefon-Nutzern erstellen darf die Polizei nur bei begr�ndeten
Verdachtsmomenten gegen T�ter oder Beihelfer in F�llen wie Hochverrat, dem
schweren sexuellen Missbrauch von Kindern oder Verst��en gegen die
�ffentliche Ordnung. Die Ermittler k�nnen in solchen Angelegenheiten selbst
dann etwa eine Ortung einleiten, wenn ein Handybesitzer sein Funktelefon im
"Stand by"-Betrieb hat. Dies regelt der Paragraph 100 a[2] der StPO. Sein
Straftatenkatalog wurde in den vergangenen Jahren zwar st�ndig erweitert.
Er ist aber enger gefasst als die nach dem 11. September in die
Strafprozessordnung [3] aufgenommenen Paragraphen 100 g[4] und h[5]. Sie
erlauben die Abfrage von Standortkennungen nur, wenn der Nutzer gerade
tats�chlich telefoniert.

  Die Ermittler senden dazu "stille" SMS an Verd�chtige. Die geheimen
Kurzmitteilungen werden von den anvisierten Handys nicht als Nachricht
registriert. Sie erzeugen jedoch Verbindungsdaten beim Mobilfunkprovider,
die sich die Polizei mit der vom Gesetz angemahnten Unverz�glichkeit
abholen und so eine in Stadtgebieten auf etwa 50 Meter genaue
Funkzellen-Peilung vornehmen kann. Mit dem Hinweis auf "Gefahr im Verzug"
m�ssen die Beamten nicht mal einen Richter einschalten.

  Zum Einsatz kommen Werkzeuge wie der SMS Blaster[6] oder vergleichbare
Shareware[7], die den Massenversand von Kurznachrichten vom PC aus
erm�glichen. Die bei den Strafverfolgern beliebte Funktion solcher
Applikationen ist "Stealth Ping": Damit l�sst sich per SMS bei einem Handy
anklopfen und pr�fen, ob es eingeschaltet oder f�r Roaming bereit ist. F�r
die Polizei geht es jedoch nur darum, sich die von 100 g und h geforderten
aktiven Nutzungsdaten selbst zu schaffen, die im zweiten Schritt dann beim
Netzbetreiber �ber Standardschnittstellen blitzschnell abgefragt werden.

  "Rechtliche Bedenken" gegen die zunehmende Schn�ffelei rund ums Handy hat
selbst die Oberstaatsanwaltschaft Stuttgart angemeldet. In einem Brief an
den Generalstaatsanwalt weist sie darauf hin, dass die stillen SMS nur im
Rahmen von Ermittlungen gem�� 100 a StPO gestattet seien. "Wir haben die
Polizisten angewiesen, entsprechend zu verfahren", best�tigt Eckhard Maak,
Sprecher der Beh�rde, die neue Linie gegen�ber heise online. (Stefan
Krempl)/ (tol[8]/c't)

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  [2] http://dejure.org/gesetze/StPO/100a.html
  [3] http://www.heise.de/newsticker/data/jk-14.12.01-005/
  [4] http://dejure.org/gesetze/StPO/100g.html
  [5] http://dejure.org/gesetze/StPO/100h.html
  [6] http://www.aspsms.com/download/smsblaster/
  [7] http://www.freewaredownloads.de/Utilities/SMS/
  [8] mailto:[email protected]

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