Henning Ziegler on Fri, 10 Oct 2003 09:49:22 +0200 (CEST) |
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Re[2]: [rohrpost] Code rules! |
FC> - So k�nnte man also Lawrence Lessig und seine griffige Gleichsetzung FC> des juristischen und Computerprogramm-Codes kritisieren. Florian, wie immer informativ und ersch�pfend. Auf die Idee einer Kritik an Lessig, die einfach und effektiv bei der Etymologie des Begriffs 'Code' ansetzt, war ich noch nicht gekommen. [Aber ich bin ja auch nicht Kittler. ;-)] Henning -- http://www.henningziegler.de "Do you also have friends who are playing office?" - Geert Lovink Am 09.10.2003 um 13:13 Uhr schrieb Florian Cramer [[email protected]]: FC> Am Donnerstag, 09. Oktober 2003 um 09:52:11 Uhr (+0200) schrieb Henning FC> Ziegler: >> Nur wenn man den Begriff "Code" soweit strapaziert, bis er rein gar >> nichts mehr erkl�ren kann. Alles ist Code? Nichts ist Code. FC> Damit fa�t Du griffig den Gesamteindruck zusammen, den man auch aus dem FC> "Code"-Symposion der diesj�hrigen ars electronia gewinnen konnte, die ja FC> sich mit "code = law, code = life, code = art" als Motto des Festival FC> (tausendfach auf T-Shirts, Plakaten, Aufklebern und Namens-Ansteckern FC> in Linz reproduziert) gleich eine fragw�rdige a priori-Setzung verpa�t FC> hatte. FC> Zur Begriffsgeschichte des "Code" gab es ein sehr informatives, FC> Lexikonartikel-artiges Einf�hrungsreferat von Friedrich Kittler, dessen FC> Manuskript unter FC> <http://www.aec.at/en/archiv_files/20031/FE_2003_Kittler_en.pdf> FC> im Netz steht. Folgt man Kittler, so ist die Wortgleichheit des FC> juristischen "Code" und des informatischen "Code" schlicht ein Zufall FC> der Etymologie, weil Gesetze in der Antike eben in "Codices" (also FC> schlicht: B�chern) aufgeschrieben wurden und sich in der Folge die FC> Bedeutung von "Codex" vom Buch im allgemeinen zum Gesetzbuch im FC> besonderen und schlie�lich zum Gesetz als solchen verschoben hat. FC> - So k�nnte man also Lawrence Lessig und seine griffige Gleichsetzung FC> des juristischen und Computerprogramm-Codes kritisieren. FC> Ich finde sogar, da� man in der Kritik noch weitergehen kann als Kittler FC> (und hatte das in meinem eigenen Referat auch versucht): FC> 1. Gibt es, unabh�ngig von der Verwirrung durch die Doppelheit des FC> juristischen und mathematisch-kryptographischen Begriffs des "Code", FC> eine (metonymische) Bedeutungsverschiebung auch in seinem FC> informatisch-semiotischen Verst�ndnis. FC> Allgemein definiert, ist ein "Code" eine formale Transformationsregel FC> (die z.B. die Transformation alphabetischer Zeichen in Morse-Zeichen FC> regelt, von einem Klartext in ein Kryptogramm, etc.). In Umberto Ecos FC> "Einf�hrung in die Semiotik" - die zu weiten Teilen "Code" zum FC> Gegenstand hat - gibt es die sch�ne rekursive Definition von "Code" als FC> einem "codifizierenden System". FC> Eine Begriffsverschiebung ergibt sich aber bereits dann, wenn nicht mehr FC> die Transformationsregel, sondern die transformierten Zeichen "Code" FC> genannt werden, man also z.B. eine Sequenz von Morse-Lauten oder eine FC> PGP-verschl�sselte Nachricht einen "Code" nennt. FC> 2. Gibt es - darauf hatte auch Kittler auf meine Frage hin in der FC> Diskussion hingewiesen - einen Unterschied von einem "Code" (als einer FC> Transformationsregel) und einer Sprache bzw. k�nstlichen Sprache. FC> Eine Programmiersprache z,.B. ist mehr als nur ein Code, weil sie eine FC> interne Grammatik besitzt und formal-logisch expressiv ist. Ein FC> einfaches Beispiel f�r diese Differenz von Code und k�nstlicher Sprache FC> ist die klassische Notation europ�ischer Musik. Sie lesen zu k�nnen FC> (also dem graphischen Zeichen f�r "C" die Note "C" zuzuordnen), FC> bedeutet, einen Code zu beherrschen; die Beherrschung dieses Codes FC> bedeutet jedoch noch nicht die Beherrschung der formalen Sprache der FC> Musik (mit ihren Intervallen, Harmonien, Metrik etc.). FC> Der Grund, weshalb Quelltexte in Computer-Programmiersprachen gemeinhin FC> als "Code" bezeichnet werden, ist wahrscheinlich historisch FC> bedingt. Wolfgang Hagen weist in seinem Aufsatz "Der Stil der Sourcen" FC> darauf hin, da� die erste realexistierende h�here (also FC> maschinenunabh�ngige) Programmiersprache 1950 auf dem Univac FC> implementiert wurde und den Namen "Short Code" trug. Vermutlich kommt FC> der Programmierer-umgangssprachliche Gleichsetzung von "Code" und FC> "Programmiersprache". FC> -F
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