Martin Lindner on Fri, 10 Oct 2003 17:46:55 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Re: code rules! |
hallo, zur verwirrung um den ?code?-begriff: hier kollidieren zwei unterschiedliche verwendungen, die allerdings miteinander zu tun haben. (1) der IT-codebegriff: wurde hier von den programmierern und common-sense-vertretern bereits erl�utert. er folgt dem paradigma �BERTRAGUNG/VERSCHL�SSELUNG. Er impliziert im medientheoretischen bereich (wie hier in der rohrpost) eine polemik gegen all die, die �ber weiche kulturelle codes in einem offensichtlich metaphorischen sinn sprechen (?wieso nennen die medienk�nstler und die geisteswissenschaftler alles ?code???). diese polemik ist auch m.e. mitunter angebracht (sicher im fall der ars electronica). (2) der kultursemiotische code-begriff, der tats�chlich (wie kittler richtig andeutet) mehr mit dem mythos-begriff von levi-strauss zu tun hat als mit dem informationsbegriff von shannon. In den 60er jahren haben tats�chlich leute wie eco den code-begriff so unscharf verwendet, dass kultursemiotik und informationstheorie ungut vermantscht wurden. Eigentlich geht es hier um ein anderes paradigma, das eben nicht mehr von �bertragung ausgeht, sondern von semantischen R�UMEN (verwandt mit dem semantischen system ?mythos? oder dem apriori bei foucault, vgl. auch ?die sprache? als semantisches system). hier wird eigentlich nichts mehr ?verschl�sselt?, weil kein standpunkt au�erhalb der welt aus zeichen mehr denkbar ist. also sollte man vermutlich den code-begriff besser nicht anwenden, obwohl man als kulturanalytiker ihn gelegentlich heuristisch brauchen kann: wenn man von einem kulturspezifischen code ?liebe? oder ?pop? oder ?antisemitismus? spricht, und damit komplexe/vage zeichenwolken in klare, quasi-informationstheoretischs strukturen zerlegt. (3) der erste begriff h�ngt aber eben doch mit dem zweiten bereich zusammen: der vordergr�ndige/funktionalistische verschl�sselungs-code repr�sentiert zugleich, unabh�ngig von der ?botschaft?, einen zeichen-RAUM, ein im regelfall offenes/dynamisches kulturelles zeichensystem. (hier nicht gemeint: die programmiersprache, die zum ?code? z�hlen w�rde). hinter den real existierenden konkreten codes / software-strukturen z.b. im internet (oder besser: zwischen den programmzeilen) steht eine lebenswelt aus zeichen, ein wissenshorizont, der wieder spezifische subjektstellen definiert (was z.b. dazu f�hrt, dass 90 prozent der rohrpost-diskutierer m�nner sind). wie der funktionale code den komplexen kulturellen ?zeichenraum? genau repr�sentiert ist sache einer exakten (!) analyse/beschreibung, die wie gesagt den code-begriff metaphorisch brauchen kann. gru� martin _______________________________________________ rohrpost-ventil mailing list [email protected] https://coredump.buug.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost-ventil ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/