Harald Hillgaertner on Sat, 13 May 2000 01:59:39 +0200 (CEST)


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Fwd: Re: [rohrpost] ausstellung |ber netzkunst




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Subject: Re: [rohrpost] ausstellung |ber netzkunst
Date: Sat, 13 May 2000 01:04:11 +0200
From: Harald Hillgaertner <[email protected]>


Am Fre, 12 Mai 2000 schrieb Anne Schreiber:
> liebe rohrpostempfdnger,
> 
> danke erstmal f|r die resonanz bez|glich unseres aufrufs |ber die
> netzkunstausstellung. 
> 
> nat|rlich stellen sich selbst den schvnsten pldnen immer wieder
> hindernisse in den weg.
> 
> die ausstellung |ber netzkust ist in der humboldt universitdt bisher
> leider noch nicht mit begeisterung angenommen worden, wie
> eigentlich erwartet. folgendes problem kann grund f|r die ablehnung des
> projekts sein:
> wenn computer mit netzanschluss teile der ausstellung sind, wird
> bef|rchtet, dass "irgendwelche" studenten ziellos im netz rumsurfen und
> sich nicht die kunstwerke der ausstellung anschauen.
> 
> wie kann man das technisch so einrichten, dass man sich zwar im netz
> befindet, sich jedoch nur die netzkunst anschauen kann und nicht den
> dahinter, daneben, darunter, ... lauernden virtuellen verf|hrungen
> erliegt??
> 
> vielen dank f|r antwort!
> 
> gruss, anne
> 
Liebe Anne,
nach meinem Daf|rhalten legitim ist einzig, in dem Browser die entsprechende
Kunstseite als Startseite einzugeben, auf dass der "Student" sie mit einem
einzigen Mausklick wieder erreichen kann. Denn ist die Seite irgend
interessant, dann wird er wieder zur|ckkehren von seinen Seitenspr|ngen in die
virtuellen Weiten. Tut er's nicht, kvnnte dies auch teil einer genuinen
Kunsterfahrung sein. Schvne Erlebnisse hatte ich oft in Museen oder
Ausstellungen ganz abseits der dargebotenen Exponate. Auch im Kino ist mitunter
der Gedanke, der sich anhand des Dargebotenen erst entspinnt und von diesem
wegf|hrt, der interessantere. 

Ja ja, da geben sich K|nstler alle M|he um ihre Kunst in einen sozialen
Kontext einzubinden, soll diese |ber sich selbst hinausweisen (nat|rlich nur
im besten Falle) und beklagen die Kunstwissenschaftler, dass die Kunst im
Museum musealisiert wird, so scheinen doch immer wieder die Kuratoren geradezu
genvtigt zu sein, ebendies zu tun. 

Vielleicht ist es gerade ein Moment der Netzkunst, dass sie sich der
Musealisierung und damit der Verdinglichung (da eine "virtuelle") widersetzt.
Ausserdem haben wir doch von Benjamin gelernt, dass im Zeitalter seiner
technischen Reproduzierbarkeit das Kunstwerk, insbesondere das auf seine
Reproduzierbarkeit angelegte, seiner hedonistischen Aura entkleidet, am Besten
im Zustande der Zerstreuung rezipiert wird :-), feste Kontemplation im
Angesicht von Netzkunst erscheint mir dieser nicht unbedingt angemessen.  

Mein Tipp: Verf|hrungen und Versuchungen stattgeben statt
unterbinden.
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