Harald =?iso-8859-15?q?Hillg=E4rtner?= on Sun, 8 Dec 2002 18:50:02 +0100 (CET)


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Re: [rohrpost] Lev Manovich, banales beispiel: der zoom im Acrobat Reader


Hallo,
vielen Dank f�r die Konkretisierung. Trotzdem w�rde ich gerne noch ein paar 
Bedenken formulieren.

> 1. Zielplattform
>
> - Audio-CD und Video-DVD sind f�r "embedded Hardware" bzw.
>   Standalone-Consumerger�te konzipiert. Die Unterst�tzung durch PCs und
>   Abspielsoftware kam erst sp�t.

Bei Audio-CDs stimmt das Argument, dass sie nicht f�r den PC designt sind. 
Allerdings kam die Unterst�tzung sofort, als auch CD-ROM Laufwerke f�r den PC 
erh�ltlich und sinnvoll waren. Zu Beginn der Audio-CD �ra war auch die 
PC-Revolution noch in ihren Anf�ngen. Das DVD-Format hingegen war so ziemlich 
von Anfang an auch  schon f�r den PC als Datentr�ger entwickelt worden, wenn 
auch die Impulse nicht aus dieser Richtung kamen. 

> - mp3 und DiVX sind Softwareformate, die nicht f�r bestimmte
>   Abspielger�te konzipiert wurden. Die Unterst�tzung durch
>   Consumerger�te kam erst sp�t und ist z.T. l�ckenhaft.

Das liegt aber daran, dass diese Software-Formate nicht von den gro�en 
Konsortien entwickelt worden sind. Sie sind viel eher Konkurrenzprodukte zu 
den bestehenden. Von daher reagiert die Industrie erst im nachhinein, wenn 
�berhaupt, darauf.

> 2. Standardisierung
>
> - Audio-CD und Video-DVD sind durch Standardisierungs-Gremien und in
>   Standardisierungs-Dokumenten ("Red Book" etc.) festgelegte Formate,
>   die zwecks Endger�te-Kompatibilit�t unver�nderbar sind.

Mier muss man erneut zwischen Audio-CD und (Video)DVD unterscheiden. Auf den 
DVDs kommt das UDF-Dateisystem zum Einsatz, sowohl bei Video und Audio, als 
auch bei Software. Die DVD-ROM ist sozusagen die Mutter aller DVDs.
(http://www.disc4you.de/kompendien/dvd/formate/dvdrom.htm)

> - mp3 und DiVX sind nur lose bzw. gar nicht standardisierte Formate, die
>   einem st�ndigen Wandel unterliegen ("mp3 pro" vs. "mp3", DiVX 3.x,
>   4.x, XViD, OpenDiVX etc.). Da diese Formate prim�r von Software- und
>   nicht von Hardware-Playern abgespielt werden, spielt
>   R�ckw�rtskompatibilit�t eine geringere Rolle. W�rde es ein neues
>   DVD-Video-Format geben (z.B. mit effizienteren MPEG4-Codecs), m��ten
>   sich Millionen Nutzer neue DVD-Player kaufen; wenn es, wie alle paar
>   Monate, ein neues DiVX-Format gibt, m�ssen sich die Nutzer lediglich
>   eine neue Player-Software herunterladen.

Tja ja, da wartet man nur auf flashbare Player. Auch das BIOS war mal 
unver�nderbar. 
Au�erdem: Nat�rlich sind mp3 und DiVX standardisiert. Sonst lie�en sich wohl 
kaum Kodierer und Dekodierer daf�r schreiben. Wohl gibt es mehrere Standards 
parallel, dass �ndert aber nichts daran, dass es welche gibt.

> 3. Speicherung
>
> - Audio-CD und Video-DVD sind an bestimmte Hardware-Tr�ger, sprich
>   Speichermedien gebunden. In dem Moment, da man die Daten einer
>   Audio-CD z.B. auf eine portable Festplatte �berspielt,
>   besitzt man keine Audio-CD mehr.

Wenn du mit Audio-CD das cdda-Format meinst, dann stimmts. Dann ist aber auch 
eine CD-ROM, auf die Festplatte kopiert, keine CD-ROM mehr. 

> - Im Gegensatz dazu sind mp3 und DiVX nicht an bestimmte
>   Speicherhardware gebunden, sonden k�nnen arbitr�r auf CD-ROMs,
>   Festplatten, Disketten, Flash-Speichern, Web- und FTP-Servern,
>   Filesharing-Netzwerken etc. abgelegt werden.

Na gut, Audio-CDs in einem anderen Format auch. Wenn es nicht so w�re, dann 
k�nnten der Musik- und Filmindustrie das File-Sharing herzlich egal sein. 

> 4. �bertragung
>
> - Ein anderer Punkt ist die Entkoppelung nicht nur von Codierungs- und
>   Speichertechnologie, sondern auch der �bertragungstechnologie in
>   Software-Medien. W�hrend z.B. digitales Radio und digitales Fernsehen
>   fest mit genormten �bertragungstechnologien verkoppelt sind, k�nnen mp3
>   und DiVX �ber beliebige digitale Kan�le �bertragen werden (s�mtliche
>   Dienste des Internet, HAM-Radio, direkte Modemverbindungen, LANs
>   etc.).

Alle �bertragungen sind an Standards gebunden. Auch s�mtliche Dienste des 
Internet. Und das Radiosender auch im Internet "ausstrahlen" ist nicht sehr 
ungew�hnlich. Oder habe ich dein Argument falsch verstanden?  

> Da mit dem Internet und TCP/IP ein generischer Kanal und mit dem PC ein
> generisches Codierungs-, Dekodierungs- und Speicherger�t existiert,
> k�nnen "Medientechnologien" mit geringem Aufwand rein als algorithmische
> Software konzipiert werden und damit auch rigoroseren Update-Zyklen
> unterworfen werden.

Die Hardware brauchts schon noch. Auch zum Codieren, Dekodieren und Speichern, 
das �bertragen nicht zu vergessen. Merkt man so sch�n daran, dass es im 
Bereich der Computerhardware auch "rigorosere Update-Zyklen" gibt.

> Gerade Audio-CD und DVD sind gute Beispiele daf�r, da� als
> Software-/Hardware-Einheit konzipierte "Medientechnologie" auf
> Jahrzehnte hin stabile Fakten schafft, die ihre Urheber sp�ter nicht
> selten bereuen. H�tte es die Audio-CD nie gegeben, sondern nur ein
> marktbeherrschendes digitales Audio-Dateiformat f�r Software-Player, so
> h�tte die Musikindustrie schon l�ngst ein Update vollzogen, das rigorose
> "Kopierschutz"- bzw.  "DRM"-Technologie implementiert. Dasselbe gilt f�r
> die Video-DVD.

Auch der Computer ist eine Soft- und Hardwareeinheit. 

�brigens: ich will ja gar nicht in Abrede stellen, dass es eine signifikante 
Differenz zwischen Soft- und Hardwaredekodern gibt. Nur l�sst sich dies nicht 
als solch eine eindeutige Opposition fassen, h�chstens als "akademische 
medien-theorie-spielerei" konstruieren, die aber doch an anderer Stelle so 
verfehmt wurde. 

Mit den besten Gr��en,
Harald.     





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